Kiebitzschutz
Hier finden Sie einige interessante Informationen zum Kiebitzschutz.
Auf welchen Flächen brüten Kiebitze?
Ursprünglich besiedelte der Kiebitz bevorzugt flache, offene Lebensräume mit fehlender oder kurzer Vegetation. Am Niederrhein waren dies lange insbesondere feuchtes Dauergrünland, Wiesen und Weiden. Heute besiedelt der Kiebitz eine Vielzahl von Offenlandbiotopen. Durch die Bodenbearbeitung sind Flächen im (teilweise intensiven) Kulturland, wie Maisäcker aufgrund ihrer kargen Vegetation potenziell geeignete Neststandorte. Dies gilt für spärlich bewachsene Stoppelbrachen, Schwarzbrachen und Wintergetreideflächen. Diese Flächen sind jedoch nur mit einer an die Bedürfnisse des Kiebitzes angepassten Bewirtschaftung wirklich als Brutstandorte geeignet. Ansonsten entpuppen sie sich für den schönen Feldvogel als ökologische Fallen, die zu Beginn der Brutzeit geeignet erscheinen. Eine erfolgreiche Brut ist aber für den Kiebitz sehr schwierig, weil auf dem Acker zu wenig Nahrung zu finden ist. Mittlerweile kann nicht nur am Niederrhein die Mehrzahl der Kiebitze auf Ackerflächen beobachtet werden. Die Gesamtpopulation wird deutschland- und europaweit immer kleiner.
Informationen zur Brutökologie
Der Kiebitz ist Bodenbrüter. In eine spärlich ausgekleidete, flache Mulde werden 4 Eier gelegt. Die Bebrütung dauert zwischen 26 bis 29 Tage und wird vor allem vom Weibchen, aber auch vom Männchen durchgeführt. Die ersten Kiebitze schlüpfen bei uns Mitte April, spätere Gelege können noch bis in den Juni zum Schlupf kommen. Im Mai ist die Hauptzeit des Kiebitz-Schlupfes. Die Küken sind Nestflüchter. Sie werden nach dem Schlupf noch 35 bis 40 Tage von den Eltern geführt und werden im Alter von etwa fünf Wochen flügge, d.h. sie können erst dann fliegen. Schon gewusst? Kiebitze werden schon im ersten Lebensjahr geschlechtsreif, brüten aber frühestens im zweiten Lebensjahr.
Wie stark ist die Gefährdung in der Düffel?
Noch vor 50 Jahren war der Kiebitz ein sehr weit verbreiteter Brutvogel der offenen Feldflur. Heute steht die Art als „gefährdet“ auf der Roten Liste der bedrohten Brutvogelarten in NRW. Landesweit wird der Brutbestand zwischen 16.000 – 23.000 Paaren geschätzt – klingt viel, der Trend ist jedoch deutlich negativ und zeigt, dass seit 1985 der landesweite Bestand um mehr als 50 % (!) abgenommen hat. Im Naturschutzgebiet „Düffel, Kellener Altrhein und Flussmarschen“ brüteten in den letzten drei Jahren zwischen 130 und 200 Paare. Im Jahr 1978 waren es rund 300, zu Beginn der 1990er noch bis zu 400 Paare.
Welche Ursachen hat die Gefährdung des Kiebitzes am Niederrhein?
Insbesondere Lebensraumverluste und der vielerorts fortschreitende landwirtschaftliche Strukturwandel machen der Art zu schaffen. So ist der aktuelle Rückgang insbesondere auf die Verschlechterung der ökologischen Qualität der Lebensräume zurückzuführen. Selbst wenn geeignete Lebensräume vorhanden sind, scheint in der heutigen Landschaft oft kein Platz für den schönen Feldvogel zu sein, denn oft überschneiden sich die notwendigen Bewirtschaftungsschritte im Grünland und auf Ackerflächen mit den Bedürfnissen des Kiebitzes in der Brutsaison. Wenn der erste Schnitt im Grünland, wie vor Jahrzehnten üblich, erst Mitte Juni durchgeführt wird, ist der Kiebitz mit seinem Brutgeschäft fertig und die Jungen sind flügge. Durch bessere Technik, mehr Düngung, Entwässerung und Klimawandel wird der erste Schnitt heutzutage schon ab Ende April gemacht und fällt in die Brutzeit. Der flächige Rückgang macht die Art zusätzlich anfälliger für andere Gefährdungsfaktoren wie Verluste durch Beutegreifer (Prädation).
Auswirkungen der Prädation auf den Bestand
Auch wenn der Landwirt die Kiebitzgelege bei der Bewirtschaftung schützt, ist der Bruterfolg noch nicht sicher. Um genauere Aussagen über den Einfluss von Prädation auf den Bruterfolg treffen zu können, sind Untersuchungsmethoden wie das Aufstellen von Wildkameras an Nestern erforderlich. 2014 und 2015 wurden daher an mehreren Wiesenvogelgelegen Infrarot-Kameras aufgestellt. Nach derzeitigem Wissenstand hat demnach der Fuchs den größten Anteil unter den Prädatoren. Insbesondere Nester werden ausgeräumt und somit eine erfolgreiche Brut verhindert.
Jetzt sollen Maßnahmen entwickelt werden, um die Verluste durch Beutegreifer zu minimieren. Hierzu sollen Maßnahmen zur Regulierung des Fuchsbestandes ergriffen werden. Durch Elektrozäune sollen die Gelege in der nächsten Brutsaison zusätzlich gesichert werden. Nach aktuellem Kenntnisstand ist der Einfluss von Feinden aus der Luft, wie beispielsweise durch Krähen und Bussarde, viel geringer als der des Fuchses. Dies zeigen die Ergebnisse aus der Erfolgskontrolle vieler Wiesenvogel-Schutzprojekte.
Was also tun gegen Fuchs und Co.? Das lesen Sie unter „Häufig gestellte Fragen“.
Kiebitzschutz in der Praxis - Was kann man tun?
Grundlage für einen erfolgreichen Schutz des Kiebitzes und seiner Bruten ist eine Erfassung der Reviere. Die NABU-Naturschutzstation Niederrhein und die fachkundigen Ornithologen vom Kreis Kleve notieren alle Vorkommen im Naturschutzgebiet „Düffel, Kellener Altrhein und Flussmarschen“ und geben die Information an den Kreis Kleve und die Landwirte weiter. Ergänzungen durch Flächenbewirtschafter werden gerne aufgenommen.
Maßnahmen auf Ackerflächen
Am Niederrhein und in der Düffel brüten viele Kiebitze auf Ackerflächen. Das liegt daran, dass diese während der Ankunftszeit der Kiebitze offen und vegetationsarm sind. Wenn Kiebitze Territorien und Nester auf einem Acker angelegt haben, lassen sich die Brutstätten mit einfachen Mitteln schützen:
- Markierung der Nester für spätere Bodenbearbeitung Bambusstäbe oder Stöckchen werden in einem Abstand von 3-5 m jeweils vor und hinter dem Nest als Markierungen angebracht. Eine zusätzliche Beschriftung mit einem Klebeband kann Hinweise auf den Legebeginn und den späteren Bruterfolg geben.
- Das Gelege wird während der Bearbeitung umfahren.
- Umsetzen der Gelege Das Gelege kann vorsichtig z.B. mit einer Schaufel von der Fläche genommen und später wieder zurückgebracht werden.
- Wenn möglich können Arbeitsschritte kombiniert und zeitlich verdichtet werden oder in die Zeit nach dem Schlupf der jungen Kiebitze gelegt werden.
- Mit dem Kiebitz-Erlass für 2016 sind Kiebitze auf noch nicht eingesäten Mais-Anbauflächen geschützt. Der geforderte Verzicht auf Bodenbearbeitung bis zum 20. Mai wird mit 280 Euro pro Hektar ausgeglichen.
- Der Abschluss von Vertragsnaturschutzpaketen für Gelegeschutz durch eine bearbeitungsfreie Schonzeit (Paket 5023) oder Kiebitz gerechte Einsaat (5024) wird mit bis zu 1.250 € pro ha und Jahr gefördert. Weitere Infos beim Kreis Kleve
- Einsaat von Maissorten, die eine Überschneidung der Bewirtschaftungsschritte mit der Brutzeit des Kiebitzes vermindern.
- Durch die neuen Greening-Regeln sind die Anbauflächen für Mais begrenzt. Flächen mit Wintergetreide (z.B. Winterweizen, Triticale) werden vom Kiebitz auch zur Brut angenommen. Sie erfordern keine weitere Bewirtschaftung.
- Brachstreifen bieten zwar keine Brutplätze für den Kiebitz, erhöhen aber durch Insekten anlockende Blütenpflanzen das Nahrungsangebot.
Maßnahmen im Grünland
Auch im Grünland lassen sich die Gelege des Kiebitzes schützen. Es kommt darauf an, die Bewirtschaftungsgänge vor bzw. nach die Brutzeit zu legen. Wenn es witterungsbedingt möglich ist, sollte die Erstbewirtschaftung (Schleppen und Walzen) vorgezogen werden. Die erste Mahd, von innen nach außen durchgeführt, sollte auf die Zeit nach dem Flüggewerden der Jungvögel verschoben werden. Wenn dies nicht möglich ist:
- Aussparen ausreichend großer Parzellen bei der Mahd (z.B. 20 x 20 m). Wenn diese verbleibenden „Inseln“ zu klein sind, locken sie Beutegreifer wie Fuchs und Marder direkt zu den Gelegen. Auch diese Teilflächen sollten erst gemäht werden, wenn die Jungvögel flügge sind, denn sie dienen als Deckung und erhöhen das Nahrungsangebot.
- Mahd nach Revieraufgabe oder vorzeitigem Ende der Brut, bei Brutabbruch oder Prädation, nach Rücksprache mit den Kartierern.
- Bewirtschaftungsruhe mit Mahd ab dem 15. Juni ist förderfähig im Rahmen des Vertragsnaturschutzes. Eine vorausgehende Erfassung und Markierung der Gelege ist für viele Maßnahmen hilfreich und dient der Erfassung des Schlupferfolgs. Im Falle einer Bewirtschaftungsruhe ist eine Markierung nicht notwendig.
- Einsatz von akustischen Wildrettern bei der Mahd. Öffentliche Flächen, Straßen, Wegränder und Brachen von der Pflege ausnehmen.
- Wenn die Arbeiten von einem Lohnunternehmer durchgeführt werden, diesen vorher einweisen, wie gemäht werden soll und wo Kiebitznester liegen.
Langfristige Maßnahmen
- Extensivierung des Grünlandes (Verzicht auf Mineraldünger und Pestizide) und Anpassung der Bewirtschaftung an die Brutzeiten des Kiebitzes mit 2-3 Schnitten pro Jahr (förderfähig im Rahmen des Vertragsnaturschutzes)
- Verzicht auf Pflegeumbrüche und Erhaltung von Dauergrünland
- Brutplätze mit umliegenden Grünlandflächen tragen zu einem erfolgreichen Aufwuchs der Jungvögel bei
Nestkameras
Möchten Sie Gelege auf Ihren Flächen schützen oder mit Nestkameras den Bruterfolg beobachten? Schreiben Sie eine Mail an
Weitere Informationen
Zum Download des Faltblattes "Kiebitzschutz gemeinsam anpacken"